Journalistenschlange

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Nun stehen wir hier und warten auf Einlass. Noch geht es überraschend zivil zu 🙂

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Fumata bianca o nera?

Der erste Wahlgang müsste vorbei sein, so ganz genau wissen wir es ja nicht. Der Fernseher in der Redaktion ist an und wir warten auf den weißen Rauch. Die ersten Minuten schaut man noch gebannt drauf und dann kehrt man zu seiner Arbeit zurück. Kommt er heute überhaupt?

Und bis er kommt sitze ich weiter über ein Plakat mit Bildern der Elettori, also den wahlberechtigten Kardinälen, und darf für die Live-Sendung die wichtigste Daten zusammentragen. Denn man sollte in der Live-Sendung doch wenigstens etwas zum neuen Papst sagen können 😉

Gekommen ist auf jeden Fall der Bayerische Rundfunk und hat uns über die Schulter geschaut. Büroarbeiten sind spannend 😉 Nun ja, man kann auch nicht den ganzen Tag den Schornstein zeigen. Teilweise wird es dann auch etwas langweilig, habe ich mir gestern auf dem Petersplatz so gedacht. Man steht rum, unterhält sich, spinnt Theorien und starrt auf den Bildschirm. Da es Abends noch zu dunkel ist, um den Schornstein richtig zu sehen, muss man mit den Bildschirmen auf dem Petersplatz vorlieb nehmen. Und dann kam er. Pechschwarzer Rauch und die Spannung auf dem Petersplatz hat sich entladen. Wie als hätten alle stundenlang die Luft angehalten, entwich der Atem, als endlich das Ergebnis kam. Bestimmt fünf Minuten quoll der schwarze Rauch aus dem kleinen unscheinbaren Schornstein und man fragte sich: Haben die Kardinäle sich jetzt auch selber eingeräuchert? Und dann war alles vorbei. Die Menschen, die trotz des schlechten Wetters ausgeharrt haben, strömten in alle Richtungen. Nur die Pressemeute blieb auf dem Platz, um noch die letzten Pilger abzufangen oder um noch einige Aufsager einzusprechen. Wann kommt er denn nun – der weiße Rauch?

Lateinische Vielfalt

Just in diesem Moment stehen die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle und sprechen ihren Eid:

Ich, N. N., verspreche und schwöre absolute Geheimhaltung gegenüber allen, die nicht zum Kollegium der wahlberechtigten Kardinäle gehören, und zwar auf ewig, (…) Ich verspreche und schwöre überdies, dass ich keinerlei Aufnahmegeräte benütze, sei es zur Registrierung von Stimmen oder von Bildern während der Zeit der Wahl innerhalb des Bereiches der Vatikanstadt, und insbesondere von dem, was direkt oder indirekt irgendwie mit den Wahlhandlungen selber zusammenhängt…” (UDG 43).

Natürlich lesen sie den Text auf Latein und halten währenddessen eine Hand auf ein Evangelium, das in der Mitte der Sixtina steht. Amüsant zu hören, wie unterschiedlich eine Sprache klingen kann. Was würden wohl die Münchner Studenten dazu sagen? Machen die Kardinäle das überhaupt richtig? Die deutschen Kardinäle konnte man, ohne hinzuschauen, sehr deutlich erkennen. Und bei den Amerikanern klingt es einfach wie englisch 😉

ABER: Seit zehn Minuten treten nun schon die Kardinäle nacheinander nach vorne und sie sind noch nicht einmal bei der Hälfte. Das Konklave ist eine gute Gedulds-Übung 😉 Ich übe mich mal in Geduld 🙂 Außerdem ist es schön anzuschauen, die Kulisse und die ganze Atmosphäre.

Die geheimnisvollste Wahl beginnt

Während im Petersdom das Konklave mit der Messe „pro eligendo romano pontifice“ beginnt, öffnet sich über Rom der Himmel. Ist das etwa ein  Zeichen für das Konklave? Erinnert ein wenig an den Blitzschlag, den der Petersdom vor einem Monat bei Papst Benedikts XVI. Rücktritt getroffen hat. Es wird sicher Verschwörungstheoretiker geben, die etwas hineininterpretieren können 😀

Die Redaktion steht nun in den Startlöchern. Die Live Übertragung ist vorbei und die Fürbitte ist auch gehalten. Wir sind bereit, wenn die Kardinäle heute Mittag in die Sixtinische Kapelle einziehen. Und dann heißt es mal wieder, warten auf Fumata bianca. Aber bis dahin ist noch genug zu tun.

Wer wissen will, was hinter den Mauern passiert, kann ja folgenden Link klicken 😉

http://de.radiovaticana.va/news/2013/03/10/die_geheimnisvollste_wahl_-_das_konklave/ted-671958

Ich habe gewählt, ihr auch?

Heute Morgen hat es sich endgültig entschieden. Mein Chef gehört zu den vier Glücklichen Radio Vatikan Leuten, die zu den Auserwählten Journalisten gehören. Und nur diese Auserwählten durften heute Vormittag in die Sixtinische Kapelle, um sich die Vorbereitungen live vor Ort an zu schauen. Wir wollen nicht wissen, wem mein Chef den Platz geklaut hat 😉 Aber wer zuerst da ist, der malt ja bekanntlich zuerst 😀

Stolz wie Oskar und einem fetten Grinsen ging er – mir Mikrofon ausgerüstet – aus der Redaktion. Und hinterließ uns: neidisch. Wahrscheinlich dachte er für sich, wie Carrie in Sex and the city: Fühl das, was ich an deiner statt fühlen würde. Grenzenlosen Neid! Irgendwie verständlich, oder? Welcher Normalsterbliche bekommt eine derartige Chance?

Gebannt haben wir auf seine Rückkehr und seine Live-Reportage gewartet, um wenigstens ein bisschen das Gefühl zu haben, dabei gewesen zu sein. Und dann kam Pater Lombardi mit seinen Briefing, der sichtbar Spaß an den Pressekonferenzen findet. Und siehe da! Es gibt ja doch noch eine Chance, als akkreditierter Journalist zum Ort des Geschehens zu kommen.

Pünktlich um viertel nach vier sitzen wir in der Konferenz und der Gedanke lässt uns nicht mehr los. Wir müssen bis 5 Uhr dahin. Also los. Am eigentlichen Treffpunkt steht keiner. Aber ein netter Fotograf weist uns den Weg. Ab durch die Absperrung, durch das bronzene Tor, das die meisten Pilger von den Audienzen kennen und schon sind wir drinnen. Jetzt müssen wir nur noch vor der langen und imposanten Treppe warten, bis die andere Journalistentraube raus ist und dann dürfen auch wir endlich los.

Hinauf zur Sixtinischen Kapelle"Geheimtür"

Während wir die Treppen hinaufgehen, weiß ich nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Ich bereue es, dass ich meine richtige Kamera nicht dabei habe, aber die Handykamera wird es auch tun. Sie muss einfach. Einmal um die Ecke gebogen und schon stehen wir vor einer kleinen unscheinbaren „Geheimtür“, direkt in die Wand gelassen und bevor wir uns versehen, sind wir mitten drin.

Jetzt wusste ich erst recht nicht mehr: Wo soll ich denn bitte zuerst hinschauen? Wir haben nur fünf Minuten. Also schnell Fotos machen, Decke bewundern und noch mehr Fotos machen. Wo steht denn der Ofen? Ach, da bin ich in der Eile und Überraschung am Eingang vorbei gelaufen. Ach und eigentlich möchte ich auch ein Foto, auf dem ich zu sehen bin. Geht das? Egal, ich will. Meine Kollegen zum Glück auch 😉 Und dann stehe ich einfach nur da. Schaue mich um und bin nur dankbar. Ich weiß, das hört/liest sich schwülstig, aber ich war und bin es wirklich. Ein so imposanter Ort, an dem man Tage verbringen könnte und immer noch nicht alles gesehen hat, so „leer“ zu sehen zu bekommen, ist ….. Macht sprachlos. Auf einmal war es dann vorbei und wir wurden wieder rausgelotst.

Ich bin drin - in der geschlossenen Sixtinischen KapelleUnd hier werden die Kardinäle ab Dienstag sitzen und hoffentlich das richtige auf den Stimmzettel schreiben :D

Zurück durch die kleine Tür, über die lange Treppe, den langen Korridor und dann stehen wir wieder auf dem Petersplatz. Gerne hätte ich ja eine Wanze da gelassen, die für mich ab Dienstag alles abhört. Aber das würde bei den technischen Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen sowieso nichts werden.

Weitere Bilder vom heutigen Tag in der Sixtina folgen noch, keine Sorge 🙂

Deckenfresko Direkt am Ort des Geschehens.

Zweimal Warten zu Ende

Die erste Warteperiode hat ein Ende. Die erste Gerüchteküche hat ein Ende. Am Dienstag fangen die Kardinäle an zu wählen. Bis dahin wird in der Redaktion alles für den Tag X vorbereitet. Die Live-Technik wird gesichtet. Konzepte und Beitragsthemen werden überlegt. Profile über mögliche Kardinäle müssen verfasst werden. Beiträge müssen erstellt werden, um die Live-Sendung vorzubereiten. Wie der gesamte Vatikan eben. In der Casa Santa Marta werden seit heute die Zimmer der 115 wahlberechtigten Kardinäle hergerichtet. Am Montag Abend werden die Wähler und der zukünftige Papst in das vatikanische Gästehaus hinter dem Petersdom einziehen. Ohne Internet, ohne Zeitung, ohne Kontakt zur Außenwelt. Interessante Frage wäre, wieviel Verzicht das für einige wohl wäre 😉 Wer sich über das Konklave noch näher informieren will, dem empfehle ich die Radio Vatikan Sendung am Sonntag im 20:20 Uhr. Da werden hoffentlich alle Fragen geklärt.

Ich persönlich bin seit heute noch viel motivierter, für das was kommt. Nicht nur weil endlich feststeht, wann die unser neuer Papst gewählt wird. Sondern weil ich heute zum ersten mal vor das Mikro durfte. Um halb 2, also noch 1 1/2 Stunden vor der Sendung, steht mein Chef neben meinem Schreibtisch und fragt: „Hast du in 5 Minuten mal Zeit zum sprechen?“ Mein erster Gedanke: Oh Gott, was habe ich angestellt? Was mir auch nach einem, „klar habe ich“, dann auch rausgerutscht ist. Zum Glück hatte ich nichts angestellt, sondern sollte einfach nur die Nachrichten lesen. Das kam irgendwie viel zu plötzlich, um mich darüber zu freuen. Aber Spaß hat es gemacht, wieder am Mikrofon zu sitzen und der Welt etwas zu erzählen. Und ihr wisst ja, wie gerne ich erzähle 😀 Also haben sich heute gleich zwei Wartezustände aufgelöst. Ein toller Tag!! Jetzt muss ich nur noch meine Sprechübungen wieder aus dem Gedächtnis abrufen, damit die Stimme beim nächsten mal besser klingt. Außerdem muss ich üben langsamer und deutlicher zu sprechen. Schwierig, aber die verschluckten Wortenden kommen im Radio leider nicht so gut rüber.  Aber wie das Italienische, werde ich das auch angehen 🙂

Busse und Bahnen. Busse und Bahnen. Busse und Bahnen. Busse und Bahnen. 😀

P.S. Nur für die, die es nicht wissen. Das war eine Sprachübung fürs deutlich sprechen.