Weißer Rauch: verpasst!

Der Papst ist eingesetzt und die Kollegen aus Deutschland sind wieder heimgefahren. Langsam kehrt wieder Normalität ein in den Arbeitstag. Endlich komme ich nun auch dazu, euch von letzter Woche zu berichten. Wie die Überschrift schon erahnen lässt – ich habe den weißen Rauch verpasst. Aber eins nach dem anderen.

Das Konklave ist einberufen und die Vorbereitungen sind im vollen Gange. Die Motivation ist enorm gewesen und alle gingen davon aus: Weißen Rauch bekommen wir frühestens Donnerstag. Der erste Wahlgang am Dienstag brachte wie erwartet schwarzen Rauch. Wir gingen abends essen und wie an allen anderen Tischen in Rom wurde wild spekuliert. Welche Papabili werden gehandelt, wen brauchen wir usw. usw. Dann Mittwoch. Irgendwie fühlte ich mich von einem LKW überfahren. Doch schwächeln gilt nicht – einfach weiter arbeiten. Auch als der Magen dann anfing verrückt zu spielen, hieß es: Weitermachen! Nachrichten mussten geschrieben werden und für unsere Live-Kommentatoren musste noch das Kardinalsplakat vervollständigt werden.

16:15 Uhr: Die Sendung ist gelaufen und wir sitzen in der Konferenz. Auf einmal lief der kalte Schweiß, eine Glocke stülpte sich über mich und ich hörte das Meer rauschen. Fehlten nur noch die Wellen. Festgekrallt an meinem Stuhl dachte ich nur noch, bitte nicht jetzt und nicht heute. Ich schickte eine Körperreklamation gegen Himmel, weil – entschuldige mal – so etwas konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Ich musste aber kapitulieren, mein Körper wollte einfach nicht mehr. Wütend über meinen Körper setzte ich mich in ein Taxi und fuhr nach Hause mit einem einzigen Gedanken: Wehe der weiße Rauch kommt heute. Keiner rechnet damit!

17 Uhr: Pia fällt komplett erledigt ins Bett und in einen tiefen Schlaf. Natürlich immer noch wütend, traurig – denkt euch einfach sämtliche schlimmen Gefühle.

19:06 Uhr: Das Handy klingelt und Pia ist wieder wach. Erster Gedanke: Wehe! Und ja, eine Nachricht aus Deutschland musste mir in Rom mitteilen, dass der Rauch auf dem Petersplatz weiß war. Nun denkt euch sämtliche Flüche und noch schlimmere Gefühle. Nächste Frage: Was nun? Mir ist immer noch schlecht, mein Kreislauf ist immer noch nicht da. Antwort: Egal!

19:16 Uhr: Rein ins Taxi und beten, dass der Fahrer einen so schnell es geht in die Nähe vom Petersplatz bringt. Ich schickte sehr viele Stoßgebete Richtung Himmel, Kardinal Tauran solle sich mit dem „Habemus papam“ bitte gedulden. Und wer schon in Rom Taxi gefahren ist, weiß es. Wenn Taxifahrer wollen, finden sie jede Lücke im Verkehr. Ich hatte Glück und mein Taxifahrer hat jede nur erdenkliche Lücke gefunden. Doch vor der Brücke über den Tiber musste auch er kapitulieren, aber das war dann auch egal.

Warten auf den Kardinalprotodiakon20:13 Uhr: Bewaffnet mit einer großen Flasche Wasser lief ich auf den Petersplatz. Und als ich einen Platz gefunden hatte, wo es nicht allzu eng war, bewegte sich der Vorhang an der Loggia des Petersdomes. Vergessen war die Übelkeit, der Kreislauf. Die Menge jubelte und dann kam der Kardinalprotodiakon Jean-Lois Tauran: „Annuntio vobis gaudium magnum; habemus Papam: Eminentissimum ac Reverendissimum Dominum, Dominum Georgium Marium, Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalem Bergoglio, qui sibi nomen imposuit Franciscum.”

Erste Reaktion meines Nachbars: Ber… was? Wer ist das? Ein anderer schrie: Yeah ein Argentinier! Es war egal, ob man Kardinal Bergoglio nun kannte oder nicht, die Menge auf dem Platz war erst einmal froh. Dann war die Mittelloggia wieder leer und der Vorhang verschlossen. Zehn Minuten vergingen, bis der neue Papst sich der Welt zeigte und der Jubel erneut ausbrach.

Papst Franziskus zeigt sich den Gläubigen zum ersten Mal.20:22 Uhr: Nachdem der Papst mit seinem Vorgänger, Benedikt XVI., telefoniert hatte, trat er auf den Balkon. Der Vorhang bewegte sich und er stand zunächst einfach nur da. Ganz schlicht hob er eine Hand zum Gruß. Um mich herum hoben sich auch die Hände mit den Fotoapparaten und jeder versuchte – egal aus welcher Entfernung – sein erstes Bild vom neuen Papst zu schießen.

Und die Hände zum Himmel!Und auch ich reckte meine Kamera gen Himmel und wollte diese bedeutende Stunde für mein Fotoarchiv festhalten. Doch irgendwann stand man einfach nur da und lauschte der Stimme, die unserm neuen Papst gehörte. Mit Gänsehaut versuchte man aus seiner Stimme herauszulesen, wer er war. Er ist ein Sympathieträger, das merkte man alle mal.

Berührt von dem Moment kehrte ich kurz vor der Masse dem Petersplatz den Rücken – zurück in die Redaktion, wo bereits reges Treiben herrschte. Den weißen Rauch hat man an diesem Tag nun wirklich nicht erwartet.

23:30 Uhr: Glücklich über das Erlebte, aber sauer auf den Körper konnte ich nur noch ins Bett fallen. Buonanotte Heiliger Vater!

 

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Zweimal Warten zu Ende

Die erste Warteperiode hat ein Ende. Die erste Gerüchteküche hat ein Ende. Am Dienstag fangen die Kardinäle an zu wählen. Bis dahin wird in der Redaktion alles für den Tag X vorbereitet. Die Live-Technik wird gesichtet. Konzepte und Beitragsthemen werden überlegt. Profile über mögliche Kardinäle müssen verfasst werden. Beiträge müssen erstellt werden, um die Live-Sendung vorzubereiten. Wie der gesamte Vatikan eben. In der Casa Santa Marta werden seit heute die Zimmer der 115 wahlberechtigten Kardinäle hergerichtet. Am Montag Abend werden die Wähler und der zukünftige Papst in das vatikanische Gästehaus hinter dem Petersdom einziehen. Ohne Internet, ohne Zeitung, ohne Kontakt zur Außenwelt. Interessante Frage wäre, wieviel Verzicht das für einige wohl wäre 😉 Wer sich über das Konklave noch näher informieren will, dem empfehle ich die Radio Vatikan Sendung am Sonntag im 20:20 Uhr. Da werden hoffentlich alle Fragen geklärt.

Ich persönlich bin seit heute noch viel motivierter, für das was kommt. Nicht nur weil endlich feststeht, wann die unser neuer Papst gewählt wird. Sondern weil ich heute zum ersten mal vor das Mikro durfte. Um halb 2, also noch 1 1/2 Stunden vor der Sendung, steht mein Chef neben meinem Schreibtisch und fragt: „Hast du in 5 Minuten mal Zeit zum sprechen?“ Mein erster Gedanke: Oh Gott, was habe ich angestellt? Was mir auch nach einem, „klar habe ich“, dann auch rausgerutscht ist. Zum Glück hatte ich nichts angestellt, sondern sollte einfach nur die Nachrichten lesen. Das kam irgendwie viel zu plötzlich, um mich darüber zu freuen. Aber Spaß hat es gemacht, wieder am Mikrofon zu sitzen und der Welt etwas zu erzählen. Und ihr wisst ja, wie gerne ich erzähle 😀 Also haben sich heute gleich zwei Wartezustände aufgelöst. Ein toller Tag!! Jetzt muss ich nur noch meine Sprechübungen wieder aus dem Gedächtnis abrufen, damit die Stimme beim nächsten mal besser klingt. Außerdem muss ich üben langsamer und deutlicher zu sprechen. Schwierig, aber die verschluckten Wortenden kommen im Radio leider nicht so gut rüber.  Aber wie das Italienische, werde ich das auch angehen 🙂

Busse und Bahnen. Busse und Bahnen. Busse und Bahnen. Busse und Bahnen. 😀

P.S. Nur für die, die es nicht wissen. Das war eine Sprachübung fürs deutlich sprechen.

Warten

Und immer noch harren wir vor dem Fernseher in der Redaktion aus. Jeden Tag pünktlich um 13 Uhr und warten auf Lombardis erlösenden Worte. Das Konklave wird am… beginnen. Aber nein, wir dürfen weiter rätseln, spekulieren, Thesen aufstellen und weitere Berichte über mögliche Papabile lesen. Haben sich die Kardinäle etwa die dolce far niente zu Eigen gemacht? Verständlich wäre es ja 😉 Nein, haben sie natürlich nicht. Während die Sixtinische Kapelle für das Ereignis präpariert wird, das heißt die zwei Öfen aufgestellt wurden und der Boden geebnet wurde, haben die Kardinäle über den Zustand der Kirche gesprochen. Wie steht die Kirche in der Welt dar, wie schaut es mit den Finanzen aus oder was macht die Vatileaks-Affäre. Und das wichtigste Thema überhaupt: Was erwarten wir von unserem zukünftigen Oberhaupt der Kirche?

Der deutsche Kardinal Cordes hofft auf jeden Fall, dass alles schnell vorbei geht. Er vergleicht, in einem Interview mit der Bild, das Konklave sogar mit einem Zahnarztbesuch. Ob er sich damit wohl ein Gefallen getan hat? Natürlich ruft diese Sprachentgleisung ein Schmunzeln hervor, aber eine Entgleisung ist es doch irgendwie. Gerne würde man unter den deutschen Kardinälen Mäuschen spielen und die Reaktionen erfahren. Radio Vatikan hätte es wahrscheinlich rausgeschnitten und ihm sicher einige unangenehme Fragen erspart. Wäre das nicht ein Grund auch uns mal ein Interview zu geben? Nein, anscheinend nicht. Denn seit Tagen versuchen wir Kardinäle vor das Mikro zu bekommen, aber irgendwie wollen die nicht. Typisch deutsch. Gibt es eine Vorschrift, an die man sich halten könnte, wird es auch getan.

Happy Birthday Mario!

Happy Birthday Mario!

Währenddessen feiern wir in der Redaktion Geburtstag eines Kollegen mit einer RIESIGEN Papst-Radio-Torte. Der Zuckerschock war vorprogammiert, aber es hat sich gelohnt 🙂  Übrigens möchte ich euch noch ein kleines Schmankerl aus dem Blog meines Chef ans Herz legen. Wirklich grandios:

http://blog.radiovatikan.de/wir-bauen-ein-klischee-und-das-geht-so/

P.S. Wenn ihr besondere Aspekte habt, die euch besonders interessieren, sagt doch Bescheid. Ich schaue dann, was ich tun kann.

Der Papst sagt Servus

Gestern war es soweit. Ein letztes mal durften die über 150.000 Gläubige auf dem Petersplatz lauthals „Benedetto“ rufen und dem deutschen Papst die letzte Ehre erweisen.

Hälse, Hände und Fotoapperarte recken sich nach oben, um noch einmal einen Blick auf Benedikt XVI. zu erhaschen.

Hälse, Hände und Fotoapperarte recken sich nach oben, um noch einmal einen Blick auf Benedikt XVI. zu erhaschen.

Beinahe pünktlich um halb 11 fuhr er mit dem Papamobil, seinem langjährigen Gefährten Georg Gänswein und einem Kameramann auf den Petersplatz. Ich stand unmittelbar an einem der Gänge, wo er vorbei gefahren ist. Als kleiner Mensch hat man wirklich Nachteile. Um mich herum wurden die Hälse gereckt und die Fotoapperate in die Luft gestreckt, um bloß noch einen langersehnten Blick, ein langersehntes Bild zu erhaschen. Um einen kleinen Hocker hätte ich mich echt gefreut, doch auch so war es bewegend unseren Papst noch einmal aus nächster Nähe zu sehen. Den Papst, den alle als den Konservativen kenne und der uns nun ein neues Verständnis vom Papstamt näher bringt. So modern hat ihn wahrscheinlich kaum einer eingeschätzt.

In seiner Ansprache wurde er dann persönlicher, als er es je war. Er bedankte sich für sein achjähriges Pontifikat bei all seinen Mitarbeitern, den Kardinalskollegium und den Gläubigen. „Ein Papst ist nie allein, das spüre ich jetzt ein weiteres Mal in einer so großen Weise, dass es das Herz berührt“, sagte er. Und die Pilger auf dem Petersplatz und der Via Conciliazione bedankten sich mit tosenden Applaus. Eine Blaskapelle aus Traunstein bedankte sich auf ganz persönliche Weise für acht Jahre mit Benedikt. Sie spielten ihm die bayerische Hymne, die den Heiligen Vater dazu veranlasste vom Protokoll abzuweichen und den Musikern mit einem „Vergelt´s Gott“ persönlich zu danken.

Gegen Ende erteilte der Heilige Vater ein letztes Mal den apostolischen Segen an alle auf dem Petersplatz, deren Familien und alle Gläubigen. Ein letztes Mal wurden Bayern-, Vatikan-, Deutschland-Flaggen und viele mehr hochgehalten, ein letzter tosender Applaus und die Audienz war vorbei. Ich war froh, dabei sein zu dürfen, doch irgendwie frage ich mich immer noch: Und das war es jetzt?

Sicher nicht, denn in wenigen Tagen versammeln sich die Kardinäle und es geht weiter. Morgen beginnt mein Praktikum bei Radio Vatikan, somit ändert sich auch mein Blick auf das Geschehen. Nicht als Tourist das Geschehen beobachten, sondern als Journalist nicht nur beobachten, sondern auch berichten. Wer weiß, was passiert 🙂